Die Erscheinung der Elisabetha Sauer
oder das Wunder von Arenberg.


Vorwort:
Um bereits im Vorfeld Mißverständnissen vorzubeugen, habe ich den vorliegenden Text dem Buch von Johann Baptist Kraus "Die heiligen Orte zu Arenberg", der zehnten Auflage von 1877 S. 79ff, wörtlich und in der Schreibweise von damals übernommen. Kommentare, Textkürzungen und Erläuterungen stehen in Klammern und werden farblich hervorgehoben.
23. September 2004 Konrad Weber
Update:



Die Erlösungskapelle oder Kapelle der schmerzhaften Mutter.
I. Die Veranlassung des Baues dieser Kapelle.
1. Die Veranlassung des Baues dieser Kapelle war die Erscheinung einer verstorbenen Jungfrau aus Immendorf, Namens Elisabetha Sauer, geboren den 30. Dezember 1816, gestorben den 8. August 1843, eheliche Tochter des Maurers Johann Sauer und der Anna Maria geborenen Wagner. Ihre letzte Krankheit war ein Nervenfieber, wovon sie als Dienstmagd in Coblenz ergriffen, hierauf aber ins elterliche Haus nach Immendorf in einem Wagen überbracht wurde, wo sie starb. Dem Tode nahe, verlangte sie nochmals ihren Seelsorger zu sprechen, indem sie der Mutter sagte, sie habe demselben noch etwas mitzutheilen; die h. Sterbesakramente hatte sie schon empfangen; doch da derselbe in´s Haus eintrat, war sie eben verschieden.

2. Eine arme Wittwe aus Arenberg, Margaretha Hahn, geborene Scharfenstein, geboren in Isenburg den 5. April 1802, verehelicht mit Johann Hahn den 12. December 1833, ernährte sich nach dessen Tode, der schon im Jahre 1838 den 5. März erfolgt war, durch Sandhandel und vom Tagelohne. An den von ihrem Sandgeschäfte freien Tagen pflegte sie zur Sommerzeit im Pfarrgarten zu Arenberg zu arbeiten, welcher an der Seite der Kapelle und zwischen dem Oelberge und der Kirche liegt. So war sie daselbst Montag den 7. August 1848 beschäftigt. Zur Zeit der Abendglocke hörte sie in der Gegend, wo jetzt die Kapelle steht, laut und deutlich rufen: "Gnadenbild! Gnadenbild! Gnadenbild!" hielt aber diesen dreimaligen Ruf als den einer Fremden, welche den Oelberg besucht, und sich darüber so geäußert habe. Zwei Tage später, Mittwoch den 9. August zur selben Zeit der Abendglocke und während des Gebetes, erblickte sie an jenem Orte eine weibliche Gestalt, weiß gekleidet, die auf dem Haupte eine Erhöhung gleich einer vorn gespaltenen Krone hatte. Sie sah aufmerksam dahin, und diese Erscheinung sich erheben und nahe dem Boden und in nicht weiter Entfernungvon ihr, nach dem Oelberge hin, dann von da in derselben Richtung wieder zurückschweben, worauf sie verschwand. Montag den 14. August, ebenfalls zur Zeit der Abendglocke, hörte sie zweimal Gnadenbild rufen, und sah an erwähnter Stelle dieselbe Erscheinung und selbe zum Oelberge  hin und zurück schweben, bevor sie verschwand. Die gute Frau glaubte anfänglich, die Erscheinung sie die heil. Mutter Gottes gewesen und sprach sich hierüber im Pfarrhause bei den Hausleuten aus, denn der Pfarrer war abwesend; diese tadelten ihre Behauptung, einwendend: "Warum sollte euch denn die h. Gottesmutter im Garten erschienen sein?" Da wurde die Frau ängstlich und ging nur mehr ungern in den Garten zur Arbeit. Am 16. August, morgens zur Zeit der Halbmesse, wurde sie, beschäftigt mit ausgäten des Unkrautes, durch ein Geräusch in der Nähe veranlasst aufzublicken, und sah dieselbe Erscheinung und in derselben Weise, wie die letzten Male. Sehr erschrocken blieb sie dennoch an ihrer Arbeit, in Gedanken aber stets mit der Erscheinung beschäftigt: da läutete die Betglocke zu Immendorf, es war gegen zwölf Uhr Mittags. Sie sah auf und hin nach dem Orte, wo sie schon dreimal die Erscheinung gesehen, und welcher etwa vierzig Schritte von ihr entfernt war. Die weiße Gestalt zeigte sich wieder, kam ihr näher, und sie erkannte die Züge der vor fünf Jahren verstorbenen Elisabetha Sauer, deren Angesicht aber war leichenblaß. Sie nahete mehr, bis auf drei Schritte; in dieser Entfernung umschwebte sie selbe dreimal, blieb dann stehen und sprach: "Erschrecket nicht! ich bin Eilsabeth Sauer. In meiner schweren Krankheit zu Coblenz habe ich gelobt einen Bittgang nach Maria-Hilf bei Coblenz zu machen und dort für einen Groschen Wachs zu opfern, sowie ein Heiligenhäuschen zur Ehre der h. Gottesmutter bauen zu lassen, worin mehrere Menschen Raum finden können." Dringend bat sie, den Bittgang für sie ungesäumt zu tun und den Herrn Pastor hiervon zu benachrichtigen, damit das Heiligenhäuschen bald gebaut werde, in welchem als erstes Opfer eine Wachskerze von 10 Silbergroschen dargebracht werden sollte. Sie sprach weiter, daß sie Andern schon Mittheilung gemacht, aber erfolglos; darauf verschwand sie.

3. Sogleich nach dieser Erscheinung ging die Wittwe zum Pfarrhause und erzählte das Vorgegangene, trat dann ungesäumt die Pilgerreise nach Maria-Hilf an und brachte dort bezeichnetes Opfer. Ganz erschöpft zurückgekehrt, mußte sie sich Schwäche halber zu Bette legen, konnte weder essen noch trinken, fühlte sich gänzlich entkräftet und hoffte Besserung nur dadurch, daß sie ihre Aussage durch einen Eid beglaubigte. Auf ihr Andrängen wurde dem Justiz-Amte zu Ehrenbreitstein hiervon Anzeige gemacht, worauf am folgenden Tage, den 17. August, Justiz-Amtmann Bernard Neumann und Justizamtssecretär Assmann nach Arenberg zur Vernehmung der Frau kamen; diese verlangten aber, daß auch das Pfarr- und Sendamt vertreten sei, weshalb Pastor Kraus und die Sendschöffen Christian Straube, Joh. Knopp und Joh. Grenzhäuser sich ebenfalls im Hause der Hahn einfanden. Dieser wurde nun die Wichtigkeit des Eides erklärt und sie auf´s ernsteste ermahnt, nichts zu behaupten, worüber sie nicht Gewißheit habe; auch wurden ihr die Folgen eines falschen Eides vorgehalten; sie aber bestand darauf. Sie erzählte nun, was oben mitgetheilt wurde, leistete sodann feierlich den Eid zur Bekräftigung der Wahrheit ihrer Aussage. Das Protokoll, von ihr und allen Anwesenden unterzeichnet, ist im Pfarrarchiv hierselbst niedergelegt.
Ohne Schwur verdient die Hahn Glauben, denn sie war fromm, und obwohl arm und schwächlich, wollte sie nicht von Almosen, sondern von selbst erworbenen Brote leben...
(Textkürzung; im weiteren Text geht es um die Glaubwürdigkeit der Hahn.)

4. Möchte vielleicht jemand hier einwenden: "Warum offenbarte sich die Verstorbene in so wichtiger Sache einer armen Wittwe und nicht einer einflussreichen Person?" Eine ihrer nächsten Verwandten (ihre Mutter) sprach damals: "Das beängstigt meine Seele allezeit, daß ich nicht würdig gewesen, die Erscheinung gehabt zu haben." Und vom Heilande heißt es: "Ich preise Dich, Vater, Herr des Himmels und der Erde! daß Du dies vor Weisen und Klugen verborgen, Kleinen aber offenbart hast... (Textkürzung; Kraus versucht hier Einwendungen der Leser zu wiederlegen)

5. Diese Krankheit, worin die Erschienene dieses Gelübde gemacht, war nicht jene letzte, sondern eine frühere, da sie als Dienstmagd ebenfalls in Coblenz schwer erkrankte; sie machte es mit der Bedingung, wenn sie wieder gesund würde; dieses geschah, und die Verpflichtung dankbarer Erfüllung war vorhanden, aber sie hatte hierzu die Mittel nicht, wollte es aber später erfüllen, sobald als möglich sollte auch ihr elterliches Erbe gänzlich dazu benutzt werden müssen. Dieses offenbarte sie im Jahre 1841 einer Jungfrau, mit der sie während einer gemeinschaftlichen  Feldarbeit über Gelübde sprach, und jener so auch das ihrige offenbarte, jedoch mit der Bitte, Niemand etwas davon zu sagen. Nach jener Erscheinung aber hatte diese keine Ruhe mehr, bis sie ihrem Seelsorger und den Verwandten der Erschienenen davon Mittheilung gemacht, was aber erst nach allen betreffenden Verhandlungen geschah. Diese Jungfrau war Elisabetha Weber aus Arenberg jetzt Gattin des Gerichtsschöffen Johann Klee. Auch hatte die Erschienene dieses vor letzterer Krankheit einer Alters und Schulgenossin Anna Maria Sauer aus Immendorf mitgetheilt, Tochter des Sendschöffen Anton Sauer und der Anna Catharina geborenen Pfaffenhausen; auch diese hat erst nach betreffenden Verhandlungen der Verstorbenen, ihrer Pathin, dies als Beleg der Wahrheit jener Erscheinung mitgetheilt. Das Gelübde also war sicher gemacht; die Erfüllung war unterblieben, daher die Erscheinung.

6. Der Bau gelobten Heiligenhäuschens konnte aber sogleich noch nicht in Angriff genommen werden, weil dazu die Mittel fehlten. Der Vater der Verstorbenen, gemahnt durch eine Erscheinung im Traume, welche einen blauen Maßstab in der Hand hielt, ließ die Familie zur Berathung in dieser Angelegenheit zusammenkommen, und es erklärten sich einige Mitglieder derselben, welche Maurer waren, bereit das Häuschen unentgeltlich zu bauen, die Eltern aber wollten zehn Thaler für Baumaterial geben.
(Ein Taler war etwa der Wochenlohn eines Arbeiters bei 12 Std. Arbeit (6 Tage-Woche)). Doch ein Häuschen dieser Art würde dem Gelübde nicht entsprochen haben, auch schien es zur ganzen Anlage nicht passend, es mußte daher jenes Gelübde auf andere Weise wahrgenommen werden, und so entstand unter Gottes h. Leitung die gegenwärtige Kapelle, welche nicht nur wegen Erfüllung jenes Gelübdes, sondern auch insbesondere, weil sie selbst in Allem an die Erlösung der Menschen durch Jesus Christus erinnert, Erlösungskapelle, sowie auch weil darin Maria, die heil. Mutter Jesu, in der so ergreifenden Statue (Pieta) das Opfer der Erlösung auf ihren Schooße zeigt, Kapelle der schmerzhaften Mutter Gottes genannt wird.

Soweit Pfarrer Kraus. Nachzutragen bleibt noch, daß im Frühjahr 1849 die Vorarbeiten begannen, im Wegfahren der Erde, heranschaffen der Steinblöcke und der Steine überhaupt. Am 15 Oktober 1850 erfolgte erst die Grundsteinlegung und die Fundamente wurden gemauert. Anfänglich sollte nur eine kleine Betkapelle errichtet werden. Auf "Anrathen" von Dr. Godehard Braun, Weihbischof zu Trier, der wie Kraus aus Vallendar stammte und deshalb hier des öfteren zu Besuch war, wurde die Kapelle doch größer gebaut, so daß darin das Meßopfer gefeiert werden konnte.
Kraus schreibt weiter:
7. "Die Consecration des Altars und hiermit die der Kapelle fand feierlich statt unter Assistenz von 15 Priestern am 20. September 1852, dem Tage der Einsegnung der Stationen, Morgens um 9 Uhr, durch den Hochwürdigsten Bischof von Trier, Dr. Wilhelm Arnoldi, Hochwelcher gleich nach der Consecration, und so zuerst
(als Erster), das heilige Meßopfer darin darbrachte"...
Kraus weiter:
8. Am Sonntage nach den Quatember-Fasttagen im Monate September, da der feierliche Besuch des Kreuzweges stattfand, und die Prozession zur Kapelle kam, fiel die Hahn wie todt zur Erde; besinnungslos wurde sie nach Hause getragen. Nachdem sie sich von ihrer Ohnmacht erholt hatte, erklärte sie dem sie besuchenden Priester, daß in der Nähe der Kapelle ein Arm von oben herabkommend, glänzend wie die Sonne, sie berührt habe, was so gewaltig auf sie gewirkt, daß sie bewustlos zur Erde gesunken sei.
Schreiber dieser Zeilen war Zeuge von allen betreffenden Verhandlungen, vor ihm wurden die Zeugnisse abgelegt, und er weiß, daß sie wahr sind; versage o lieber Leser! auch Du dieser Wahrheit Deinen Glauben nicht, und lasse Dir dieses Ereignis als ernste Mahnung dienen, eifrigst für das Heil Deiner Seele zu sorgen.