Kleidung - Eine Mode kommt und geht (immer mal wieder)!

erstellt: Di., 04.08.2015
geändert: Sa., 29.01.2016
 


 Der Stiefelknecht


Als die Bevölkerung noch überwiegend landwirtschaftlich oder handwerklich geprägt war und auch die Straßen noch nicht so sauber wie heute, war das Tragen von Stiefeln aus Gummi oder Leder oft angeraten. Leider hatten Stiefel damals wie heute die dumme Eigenschaft, an Fuß und Bein "zu kleben". Da schaffte ein Stiefelknecht rasch Abhilfe. In dessen runde Aussparung stellte man die gestiefelte Ferse, das schräge Brett dahinter beschwerte der zweite Fuß , so dass man den Fuß aus dem Stiefel befreien konnte. Ohne das praktische Gerät musste oft ein Mensch herhalten, der rittlings über das bestiefelte Bein gebückt den Fußteil des Stiefels packte und ihn mit aller Kraft vom Körper weg nach vorne zog. War er nicht stark genug dafür, verstärkte ein "Fußtritt" von hinten den Effekt. Davon leitet sich auch das Wort "Stiefelknecht" ab.  Aus dem Nachlass von „Sauers Leni“ (Leni Ferdinand) aus Arenberg, zur Verfügung gestellt von ihren Kindern Hiltrud Neumann und Wilfried Ferdinand.


 Brautpaar vor 1900

  
Nicht immer trug die Braut ein weißes Kleid am Tag der Hochzeit. Das lag nicht nur daran, dass die Mode sich im Laufe der Zeit wandelte, sondern auch daran, dass man in den unteren und mittleren Schichten der Bevölkerung einfach nicht das Geld hatte, ein festliches Kleid für nur eine einzige Gelegenheit zu kaufen. Daher trug die Braut im 18./19. Jh. - sofern sie nicht aus reichem oder gar adligem Hause kam - meist ein schwarzes Kleid, das anschließend zu allen festlichen und ritualisierten Anlässen von der Taufe bis zur Beerdigung getragen werden konnte. Erst ab etwa 1900 kam nach und nach der Brauch auf, zum „guten schwarzen Kleid" einen weißen Brautschleier als Zeichen der Unschuld zu tragen.
Die Braut auf dem eher noch ein wenig älteren Foto trägt eine kleine Brautkrone, die oft aus Myrtenzweigen, kleinen (Glas-)Perlen u. ä. bestand und meist schön gerahmt aufbewahrt wurde (siehe hierzu Rubrik "Brauchtum").
Auch der Bräutigam trug zur Hochzeit i. d. R. seinen ersten "guten schwarzen Anzug" mit einem Zylinder (s. u.), Bekleidungsstücke, die – einmal angeschafft – über viele Jahre zu den entsprechenden Anlässen getragen wurden.

Foto zur Verfügung gestellt von Familie Strottmann, Immendorf.


 Festliches Damenkleid um 1900


Auch auf diesem Bild trägt die Dame so um das Jahr 1900 ein langes, dunkles, festliches Kleid (vermutlich schwarz), das zu allen feierlichen Anlässen getragen werden konnte. Vielleicht war es ihr Brautkleid, das mit einem hellen Spitzeneinsatz am Dekolleté und einem ebensolchen Besatz am Kragen ein wenig verändert worden war.  Auffällig sind der sehr glatte seidige Stoff und die Ziersteppnähte am Oberteil und an den engen Manschetten.

Solch qualitativ hochwertige Fotografien entstanden in der damaligen Zeit i. d. R. aus besonderem Anlass im Atelier eines Fotografen, der sein Modell häufig aufwendig in Szene setzte, bevor er unter einem Tuch hinter seiner großen "Zieharmonika-Kamera" verschwand, um die Fotoplatte zu belichten. Auch auf die stimmungsvoll-künstlerische Hintergrundbearbeitung des Fotos durch den Fotografen sei hingewiesen.

Foto zur Verfügung gestellt von Familie Strottmann, Immendorf.


 Die Uniform - "Des Kaisers bunter Rock"


Ging der Sohn, Mann, Bräutigam oder Bruder zur Zeit des Kaiserreiches zu den Soldaten, so sagte man, dass er "des Kaisers bunten Rock" trage. Damit war bei uns i. d. R. die preußisch-blaue Ausgehuniform mit blanken Knöpfen und Gürtelschnallen, mit Posamenten, Säbel und natürlich dem verzierten Pickelhelm gemeint. Der fesche Soldat im Bild trägt eine Pickelhaube mit dem preußischen Adler (vermutlich zu einem Infanterie-Regiment etwa zur Zeit um 1900 gehörend). Die "Zigarette" - nach Auskunft von Rolf Strottmann nur eine Attrappe - sollte die Männlichkeit des Soldaten unterstreichen.

Solche kunstvollen Atelierbilder wurden häufig gemacht, wenn es "ins Feld" ging. Sie hatten für die zu Hause verbliebene Familie einen immensen Andenkenwert, denn nicht immer kehrte ein Soldat unversehrt oder lebend in die Heimat zurück.

Foto zur Verfügung gestellt von Familie Strottmann, Immendorf.


 Mode für kleine Jungen um 1940


Reinhold Neis (li.) und Aloysius Fell (re.) zeigen, was fesche kleine Jungs in den beginnenden 1940er Jahren so trugen: Bunte Schürzen aus strapazierfähiger Baumwolle schützten die Kleidung während des Spielens und sorgten dafür, dass die oft aus Wolle bestehenden Pullover und Hosen nicht allzu oft gewaschen werden mussten. Das war für die Mütter meist größerer Familien in dieser Zeit eine mühsame Hand-Arbeit. Außerdem hielten Wollsachen länger, wenn sie nicht allzu oft in die Lauge kamen, denn: Kleidung wurde so lange wie möglich von Geschwisterchen zu Geschwisterchen weiter gegeben bis sie im wahrsten Sinne des Wortes "aufgetragen" war.
Foto zur Verfügen gestellt von Reinhold und Annemie Neis, Immendorf.

  
 Warm und schick !


Ganz schick ist der kleine Reinhold Neis zum Ausgang im mollig warmen Sonntagsstaat mit Bommelmütze: Unter dem hübschen Mantel trägt er eine gestrickte "Gamaschenhose", die am Saum einen kleinen Überwurf über die Oberseite der Schuhe hat. Dieser Überwurf wurde meist mit einem Gummiband unter der Schuhsohle fixiert und wärmte so den Kinderfuß mit.

Foto zur Verfügung gestellt von Reinhold und Annemie Neis, Immendorf.


Zylinder / Chapeau Claque (1951)

 
Etwa ab 1820 erhielt der Mann spätestens bei der Hochzeit einen Zylinder, der ihn durch das ganze Leben begleitete. Bei freudigen und traurigen Anlässen diente der Zylinder als Komplettierung des „feierlichen Anzugs“.
Foto: Schwarzer Seiden-Chapeau Claque, der flach zusammengefaltet in jeden Schrank passte und bei Bedarf durch Schlagen an die Tischkannte zum Zylinderhut aufklackte.
Den Hochzeitszylinder von Hans Böhm aus Immendorf stellte seine aus Arenberg stammende Ehefrau Maria Böhm geb. Best zur Verfügung.