Die Wasserleitung zur Festung Ehrenbreitstein und die
letzte Belagerung durch die Franzosen im Jahr 1795.

 

Der Philipsbrunnen von 1624 (Reidelsborn) war der Hauptbrunnen der Festung Ehrenbreitstein.
Der Kurfürst Philip Christoph von Soetern baute waehrend seiner Regentschaft (1623-1652) die Philipsburg in Ehrenbreitstein und benannte gleich den ganzen Ort in Philipstal um, der vordem Mülheim oder im Volksmund einfach Dal (Tal) hiess. Karl Kaspar von der Leyen, sein Nachfolger, gab dem Ort dann 1652 endgültig den Namen Ehrenbreitstein. Der Philipsbrunnen mit dem aufwaendig gestalteten Brunnenstein von 1624, der kunstvoll über der Tuere des Quellhauses in der Eselsbach (Schneiders Wiese) eingesetzt wurde, gibt Zeugnis aus dieser Zeit. Man darf vermuten, dass die sehr ergiebige Quelle schon von den Roemern genutzt wurde und ihr Castell Niederberg mit frischem Quellwasser versorgte. Heute wird die Quelle von der EVM (Energie Versorgung Mittelrhein) betrieben und war damals der "Vestungs Haubt Brunnen" der Feste Ehrenbreitstein, wie ein Plan der Wasserleitungen um 1730 beweist. Dieser Brunnen spielte nach der muendlichen Ueberlieferung bei der Belagerung der Festung durch die Franzosen in den Befreiungskriegen ab 1794 eine wichtige Rolle: Ein Arzheimer Buerger namens Portugall, soll den franzoesischen Belagerern das Geheimnis der Wasserleitung zur Festung verraten haben. Die Verteidiger wurden dadurch zur Kapitulation gezwungen. Noch mein Vater sprach von einem "Portugall", wenn von einem wenig vertrauenswuerdigen Mann die Rede war. "Das ist ein Portugall", pflegte er zu sagen.

 Der Philipsbrunnen von 1624 ist mit den FC-Steinen von 1-10 eingegrenzt. Der Stein mit der No. 8 ist verlorengegangen, No.6 wurde leider ausgeworfen. Die Steine 1-4 befinden sich im eingezaeunten EVM Gelände, 5-10 in unmittelbarer Umgebung. Weitere vier Steine, 20-23, wurden im Bereich der Niederberger Grillhuette gefunden, drei weitere 25, 29 und 30 stehen 3.30 m auseinander an der Kniebreche unter einer Baumruine und sind stark durch landwirtschaftliche Nutzung gefaehrdet. Daraus folgert, 8 Steine fehlen im Verlauf der Wasserleitung von der Eselsbach bis zur Grillhuette. Einer wurde 2004 von mir entdeckt, er befindet sich an der suedwestlichen Grenze des Grundstuecks Zappei/Kranich in Arenberg. Die eingemeisselten Buchstaben WL (Wasserleitung) wurden auch auf einem FC-Stein unterhalb der Grillhuette festgestellt.  Ein nahezu querliegender FC-Stein mit der Nr. 17, wurde im April 2005 oberhalb des Tunnels freigelegt. Einige Wochen spaeter lag der Stein ausgeworfen am Weg. Er war einer Baggerschaufel zum Opfer gefallen. Zur Sicherung wurde er (leihweise) in das Lapidarium in Arenberg eingesetzt.

Die Wasserleitung wurde ueber eine Strecke von 410 Metern durch einen ausgemauerten Tunnel gefuehrt. Der Tunneleingang liegt etwa 15 m unterhalb der Grillhuette im eingezaeunten Freizeitgrundstueck am Weg zur Eselsbach (Egelsbach) und ist erst im April 2005 wiederentdeckt worden. Seine Existenz drohte in Vergessenheit zu geraten. Der Ausgang des Tunnels bei den Birken  ist mit dem FC Stein No. 25 markiert (Foto links unten). Er wurde aus Sicherheitsgruenden nach dem Krieg zugemauert. In einem Plan der Wasserleitung um 1730 wird die Hoehe mit 6  Schuh (1.80 m) und die Breite mit 3 Schuh (0.90 m) angegeben. Die alte Massangabe deckt sich mit Erzaehlungen aelterer Arenberger und Niederberger, die als Jugendliche den Tunnel als Abenteuerspielplatz nutzten und in gebueckter Haltung mit Taschenlampen bewaffnet durchliefen. Um 1952 war der Tunnel, den Erzaehlungen zufolge, noch in voller Laenge passierbar.
Wie oben angedeutet, hat der Kurfuerst von Trier, Philip Christoph von Soetern 1624 den Philipsbrunnen in der Eselsbach neu gefasst und unterirdisch eine neue Wasserleitung mit natuerlichem Gefaelle zur Festung Ehrenbreitstein verlegt.
 

Zur Kontrolle und Wartung waren in unterschiedlichen Abstaenden gemauerte Kontrollschaechte von 4 Schuh im Quadrat vorgesehen.

Ob der Bau des Tunnels durch den Minenberg, wie er im Plan genannt wird, mit der Quellfassung 1624 erfolgte, kann z.Zt. noch nicht eindeutig festgelegt werden. Eine nähere Untersuchung des Bauwerks koennte abklaeren, aus welcher Zeit der Tunnel stammt. Zur militaerisch strategischen Tarnung wurde der Quellbereich mit unverfaenglichen Grenzsteinen eingegrenzt, weil hier der Hauptbrunnen der Wasserversorgung der Festung lag. Im Uebrigen laesst die Bezeichnung Fossa Castelli auch den Schluss zu, die Wasserleitung habe das alte Roemerkastell mit Wasser versorgt. Die Doppeldeutigkeit FC war bewusst gewaehlt. Die Steine bei der Grillhuette Eselsbach und auf dem Kreuzberg markierten eher eine Grunddienstbarkeit denn Grundstuecksgrenzen. Sie zeigen noch heute den Verlauf der Wasserleitung - vom Philipsbrunnen ueber den Hangarsberg zur Grillhuette, von dort quer ueber die Felder, entlang der Kniebreche bis zum Supermarkt "REWE", hier die Arenbergerstrasse querend zur Festung. Noch heute sind neben dem Supermarkt vier Hochbehaelter fuer die Wasserversorgung in Betrieb.
Unter dem Kurfuersten Franz-Georg von Schoenborn wurde die Festung (1733) ausgebaut und die Wasserversorgung renoviert. Ein Grundriss der Wasserleitung der Festung Ehrenbreitstein aus dieser Zeit (Landes Haupt Archiv Koblenz) , gibt als "Vestungs Haubt Brunnen" die Quelle in der Eselsbach (im Foto rot markiert) an. Der Riss von 1733 nennt daneben drei weitere Brunnen, so den Hospitalsbrunnen, den Hoff Kuechelbrunnen und den Haupt-Hof Brunnen. Das Wasser wurde mittels Rohren teils aus Kupfer oder Ton zur Festung geleitet. Insgesamt wurden 32 542 Rohre fuer die Anlage benoetigt. Allein für die Wasserfuehrung aus dem Philips Brunnen in der Eselsbach zur Festung wurden 15 577 Rohre benoetigt. Der Quelltopf war eingemauert und zur Sicherung mit einer eisernen Tuere versehen. Wegen der strategischen Bedeutung, so ist zu vermuten, war der Quellbereich zur Tarnung mit Bueschen bepflanzt. Unter dem Punkt I nennt der Riss:" Ist der hecht und forellen weyer bey der wacht, mit doppleten röhren, ohne die im weiher zu rechnen."
Zumindest die Wasserqualitaet muss sehr gut gewesen sein, wenn sich Hecht und Forelle auf der Festung wohlgefuehlt haben. Auch die Lebensqualitaet scheint zumindest in Friedenszeiten gestimmt zu haben.

Die Rohrlaenge ist in Schuh angegeben, also ca. 25 - 30 cm, daraus ergibt sich eine Gesamtlaenge der Wasserleitung aus der Eselsbach von ca. 2,2 km (streckenweise doppelt verlegt).

Die Wasserleitung war selbstredend unterirdisch verlegt, anderenfalls haetten Belagerer der Festung leichtes Spiel gehabt. Tatsaechlich ist die Festung nie durch Feindeshand erobert worden, sondern durch Verrat der Wasserversorgung zur Kapitulation gezwungen worden.

Die letzte Belagerung der Festung Ehrenbreitstein im Jahr 1795
Während der ersten Blockade von September bis Oktober 1795 durch die Franzosen, feuerten die Geschütze des Ehrenbreitstein über 16 000, meist schwerkalibrige Geschosse ab. Die Verteidigung war so nachhaltig, daß der Angriff auf die Festung eingestellt und erst im Juni des folgenden Jahres wiederaufgenommen wurde. Die erneute Belagerung beschränkte sich aber nur auf die Einschließung, bei der nur wenige Kanonenschüsse gewechselt wurden. Der dritte Versuch dauerte 10 Wochen (03.07.-17.09 1796). Die Festungsbesatzung 3537 Mann, war die gleiche geblieben. Bei den Unterbrechungen der Belagerung war jedesmal die Möglichkeit zur Ergänzung der Vorräte gegeben. Die Intensität der nun folgenden Kämpfe spiegelt sich in den Verschußzahlen, aber auch in den Verlustlisten wieder. Die Verteidiger verschossen weit über 40.000 Granaten aller Kaliber und über 150.000 Gewehr- und Musketenkugeln

Die Verluste der Verteidiger:
24 Tote (davon 1 Offizier)
96 Verwundete (davon 2 Offiziere)
2 Gefangene
13 Vermißte
16 Desertierte
insgesamt 151 Mann


Die Franzosen verloren im gleichen Zeitraum 1300-1400 Mann.
Dem gesteckten Ziel, die Festung einzunehmen, waren sie um nichts näher gekommen.
Die vierte Blockade im April des nächsten Jahres endete zunächst mit einem Waffenstillstand,
weil die verbündeten Österreicher ausschieden.

Eine im Jahr 1798 erfolgte Inventur im Zeughaus zeitigte folgenden Bestand:
331 Geschütze größeren und kleineren Kalibers, darunter der "Vogel Greif"
1278 Mauerbüchsen und Gewehre
2140 Flinten
6.264 Zentner Pulver und Minenpulver
123.000 Geschützkugeln
54.000 Handgranaten
67.000 Kartätschen

Die Besatzung wurde durch verbündete Truppen verstärkt und bestand aus
22 Kompanien mit zusammen 2474 Mann inklusive 55 Offiziere. Der Ehrenbreitstein wurde noch weitere 18 Monate gehalten. Dann war die Versorgung, nicht zuletzt durch den Verrat der Wasserversorgung, hoffnungslos geworden. Am 27. Januar 1799 übergab Oberst von Faber die Festung an die Franzosen. Die Besatzung erhielt einen"Ehrenvollen" Abzug mit Fahnen und Handwaffen.

Siehe dazu auch den Beitrag des damaligen Pfarrers in Arenberg Anton Ludwig "
In Memoriam posterorum" in dem er die Leiden und Drangsale der Belagerung für die Nachgeborenen zur Erinnerung und Mahnung festgehalten hat.

Quelle: Landeshauptarchiv Koblenz
Rüdiger Wischemann:
Die Festung Koblenz (Rhenania-Verlag Koblenz 1981 ISBN 3-922 755-00-3)

Konrad Weber im April 2004
Update: 24. Sept.2011