Abschrift aus handschriftlichen Unterlagen des Arenberger Bürgers und langjährigen Bürgermeisters
Carl Weber *14.12.1856 + 25.09.1934


Anhang zur Chronik meines Wohnhauses

Wegen seiner sehr schönen, vor allem ruhigen Lage, war bis zu meiner Verheiratung 1888 (10.10) der obere Stock teilweise an Erholungsbedürftige, im Sommer des öfteren vermietet. Arenberg wurde stets, besonders auch in ärztlichen Kreisen, als Luftkurort angesehen u. empfohlen. Auch die von den Kranken gemachten Erfahrungen bestätigten dieses hinreichend. So empfahl schon der alte Arzt Dr. Timme, seiner Frau geb. Breithaupt, einen längeren Sommeraufenthalt in Arenberg mit bestem Erfolge. Ebenso brachte Landrat Jäger aus Cochem, (Besitzer des Hofgutes Denzerheide) auf ärztliches Anraten seine äusserst verwöhnte Tochter hierhin zur Erholung mit bestem Erfolge. Später wohnten mehrere Monate hier, Frau Prof. u. Kupferstecher Keller aus Düsseldorf, der berühmte Kupferstecher des großartigen Disputa. - In meinem Geburtsjahr 1856 wohnten hier der erblindete pensionierte General v. Hüene, der geniale Schöpfer u. Erbauer der Festung Ehrenbreitstein längere Monate.

Ebenso in meiner frühesten Jugend die eigentlichen Gründer des hiesigen Dominikanerinnenklosters Frl. Gertrude Sauer aus Moselweiß, von deren eingebrachten Vermögen (4000 Thaler, daß sich später durch Erbschaft noch vergrösserte) durch Pfr. Kraus, das ursprüngliche kleinere Klostergebäude erbaut wurde, 6 Jahre lang. Mit ihr, in engster Freundschaft verbunden lebte eine Frl. Elisabeth Kerner oder Körner aus ebenda, die jedoch später nicht wieder in den Orden zurückkehrte. Der Austritt war durch ein unglückliches Zerwürfnis gleichzeitig erfolgt. Der Ordensname der Frl. Sauer war Schwester Dominika.

Später wohnten hier im Hause, Gymnasialprofessor Dr. Mauer aus Koblenz, geb. zu Mertloch, Kreis Mayen. Weiter der Direktor der früheren Gewerbeschule, heutigen Realgymnasium Dr. Most in Koblenz. Sodann ein Ingenieur aus Koblenz Andräe mit seiner Frau geb. Broustin. - Sodann ferner 1876 eine irländische gliederkontrackte Dame, die im Fahrstuhl herumgefahren werden musste Namens Miß Redmond Gräfin zu Wexford (Irland). Selbe weilte in Wiesbaden zur Kur, nahm auf ärztliches Anraten hier Sommeraufenthalt, erholte sich nach 5 monatlichem Aufenthalte so glänzend, daß sie auf ihre Dienerin gestützt wieder allein gehen konnte. Aus Angst vor dem Winter kehrte sie samt Dienerschaft nach Wiesbaden zurück, wurde nach einiger Zeit krank und verstarb daselbst unter dem öfteren Ausspruch: Ach wäre ich doch in Arenberg geblieben, brauchte ich nicht zu sterben. Auf ihren ausdrücklichen Wunsch wurde sie auf hiesigem Kirchhofe beerdigt (liegender Grabstein, gegenüber dem jetzt noch stehenden Grabstein der Engländerin Mrs. Erskine, die in Ems in der Kur verstarb). Ein naher Verwandter gen. Miß Redmond, war der im englischen Parlament bekannte Führer der irischen Partei Redmond. ---

Im Sommer 1879 wohnte hier Rittmeister von Puttkamer vom Trainbattalion Nro. 8 in Koblenz; derselbe wurde als Dragoneroffizier 1870 bei Orleans schwer verwundet musste infolgedessen leichteren Dienst machen und wurde zum Trainbattl. nach Koblenz versetzt. Derselbe war naher Anverwandter von Fürst v. Bismark, seine nette Frau war Tekla v. Selle. Die mir bekannten Kinder hießen Jesko1, Karl u. Kuno. Er wurde später als Major nach Magdeburg versetzt. Bei seinem Hierwohnen besuchten ihn eines Tages drei uns unbekannte Herren, die sich nachher als die neuernannten Minister v. Puttkamer, Bitter u. Luzius entpuppten die zur ersten Vorstellung bezw. Antrittsaudienz bei Kaiser Wilhelm ins Schloß nach Koblenz befohlen waren.

1) Ein Enkel des Jesko v. Puttkamer ist heute (2008) Prof. Dr. Freiherr Jesco von Puttkamer  NASA-Wissenschaftler und Raumfahrtexperte. Der Maschinenbau-Ingenieur begann seine berufliche Laufbahn als Forschungsingenieur bei der Deutschen Versuchsanstalt für Luft- und Raumfahrt. 1962 folgte er dem Ruf Wernher von Brauns ins Marshall-Raumflugzentrum der NASA nach Huntsville/Alabama, wo er am Apollo-Mondlandeprogramm mitarbeitete. 1967 nahm er die amerikanische Staatsbürgerschaft an. Er ist heute zuständig im Bereich der Internationalen Raumstation ISS, insbesondere für den täglichen Bordbetrieb und den russischen Sektor der ISS. Seit 1985 hat er eine Honorarprofessur der Fachhochschule Aachen inne. KW

In den nächstfolgenden Jahren wohnten hier die Familie Weinhändler Tilman aus Koblenz in Firma Tilman u. Werner - Koblenz. - Weiter eine Baronin v. Thelemann geb. Schur aus Hotel "Zum Riesen" gebürtig. v. Thielmann war Offizier eines Kavalleriergts in Diedenhofen (Elsaß). Zuletzt bis zu meiner Verheiratung 10.10.1888 wohnte hier der pensionierte Militär u. spätere Amtmann v. Seel, Amt Wallmerod b. Montabauer.
Auch die Familie Guido Erxleben aus Wien wohnten (bis zur Fertigstellung des nebenstehenden Hauses) als junge Eheleute hier.

Die Familie ließ 1952 von ihrem Haus ein Ölgemälde anfertigen. Die  Fotografie davon zeigt das "
Erxlebens Haus" auf dem Kissel.  Zwischen den Fenstern im ersten Stock war eine Fassadenmalerei (Lüftelmalerei) mit rosenumranktem Text angebracht:

"Gottes Güte und Treu, ist alle Morgen Neu".

Unterhalb das ehemalige "Parkhotel" dass von seinem letzten Besitzer und meinem im Alter von 48 Jahren  viel zu früh verstorbenen Freund Konni Klee betrieben wurde. Oberhalb war eine gemauerte Brücke, die mit behauenen Basaltplatten abgedeckt war. Leider wurde das sehr stilvolle Haus (Alte Zollstation) um 1978 abgerissen und durch eine Mietskaserne ersetzt. K.W.


Auf mehrfachen dringenden Wunsch von befreundeter Seite wurde dieses hier niedergeschrieben, zur dauernden Erinnerung
Arenberg im Mai 1927

Carl Weber

Sein Enkel Konrad Weber im Februar 2002