Pater (Dr. ?) Otto Pies S. J. (1901-1960) (Pies aus lat. pius = der Fromme)
 
Erblickte am 26. April 1901 in Arenberg im Haus (Foto) des Försters Johann Pies das Licht der Welt. Sein Pate und Lehrer an der Volksschule in Arenberg, Johannes Wagner empfiehlt den Eltern den aufgeweckten Otto Pies auf das Kaiserin-Augusta-Gymnasium in Koblenz zu schicken. Hier erhält der Junge seine prägende Erziehung. In der Jesuitenkirche ist er Ministrant. Schon als Gymnasiast weiß er, daß er Theologie studieren und Priester werden will. Nach bestandenem Abitur tritt Otto Pies am 14. April 1920 in’s-Heerenberg in den Niederlanden als Kandidat in den Jesuitenorden ein und absolviert als approbierter Scholastiker (Student) seine philosophischen Studien vom Herbst 1922 bis zum Herbst 1925 in Valkenburg/Niederlande. (Die Ausbildung eines Jesuiten beginnt mit der Kandidatur. Als Student widmet er sich dem Studium der Philosophie und Theologie. Nach der Priesterweihe schließt sich als dritte Stufe das Tertiat, das der Erneuerung und Vertiefung seiner ursprünglichen Berufung dient.) Nach der letzten Prüfungszeit wird er in den Orden eingegliedert. Seine erste größere Aufgabe erhält Otto, als ihn der Orden Ende1925 nach Breslau schickt, wo er bis zum Herbst 1927 als Präfekt des ein Jahr zuvor von den Jesuiten übernommenen Knabeninternats Kurfürst Franz Ludwig wirkt. Im Herbst 1927 kehrt Otto Pies wieder in die Niederlande zurück, um am Ignatiuskolleg in Valkenburg Theologie zu studieren. Dort wird er am 27. August 1930 mit 32 Mitbrüdern zum Priester geweiht. Am 12. März 1933 wird Otto Pies zum Novizenmeister der ostdeutschen Provinz im St. Josefshaus in Mittelsteine im Tal der Steine in der niederschlesischen Grafschaft Glatz (heute polnisch) bestellt. Die Jesuiten-Häuser in Mittelsteine und Hoheneichen sind mit Hinweis auf „staatsfeindliche Betätigung“ (hier soll ein polnischer Priester illegal versteckt worden sein) beschlagnahmt worden. Hiergegen hat Otto Pies schriftlich am 24. Mai 1941 beim Reichssicherheitshauptamt in Berlin und am 27. Mai 1941 bei der Geheimen Staatspolizei (GESTAPO) in Dresden protestiert. Pater Rektor Otto Pies wird am 31. Mai 1941 in Hoheneichen von der GESTAPO zu einer Befragung abgeholt, von der er nicht mehr zurückkehrt. Über verschiedene Gefängnisse Sachsens und Bayerns landet er schließlich im KZ Dachau. Hier wird er unter der Häftlingsnummer 26.832, die ihm gleich anderen Gefangenen auf den Arm tätowiert wird, registriert. Katholische und evangelische Geistliche sind in Dachau in den sogenannten „Pfaffenblocks“ 26, 28 und 30 untergebracht. Knapp vier Jahre, bis kurz vor Kriegsende wird Otto Pies unter schwersten Bedingungen im Block 26 verbringen. Als der Bischof von Münster, Clemens August Graf von Galen Karl Leisner 1934 mit dem Amt des Diözesanjungscharführers betraut, wird erstmals die GESTAPO auf ihn aufmerksam. Durch eine Denunziation landet Karl Leisner dann schließlich auch in Dachau. Bald entwickelt sich eine besondere Freundschaft  zwischen Pater Otto Pies und dem an TBC schwer erkrankten Mitgefangenen Diakon Karl Leisner, mit dem er einen Spind teilt. Der sehnlichste Wunsch des jungen Diakons war, zum Priester geweiht zu werden, das schien im streng von den Nazischergen überbewachten KZ Dachau zunächst unmöglich zu sein. Denn nach dem Internationalen Suchdienst von Arolsen betrug die Bilanz des Todes im KZ-Lager Dachau 29.438 Opfer. Nach dem Buch von Eugen Weiler "Die Geistlichen in Dachau" waren insgesamt 2.763 Geistliche aus 23 Nationen und 144 Diözesen in Dachau inhaftiert, davon verstarben 1.072 (340 durch Vergasung). Von den 1.072 toten Geistlichen waren 1.036 römischkatholisch.
Erst als der Bischof von Clermont (Frankreich) Msgr. Gabriel Piguet im KZ Dachau interniert wurde, rückte die Möglichkeit einer Priesterweihe näher. Allerdings glaubte ausser Pater Otto Pies niemand daran. Es begannen konspirative Aktivitäten. Im Lager wurden heimlich die Utensilien sowohl für den Bischof als auch für den zu weihenden Priester hergestellt. Dazu gehörten die Gewänder, Bischofsring usw. mussten unter den schwierigsten Umständen heimlich von aussen beschafft und im Lager hergestellt werden.  Bei Entdeckung drohte die Todesstrafe. Die Nazis wurden mit allen Mitteln ausgetrickst. Es waren aber die Zustimmung des Bischofs von Münster (von Galen)  und auch des Bischofs aus München (Faulhaber) erforderlich. Briefe wurden aus dem Lager geschmuggelt. Die zustimmende Antwort kam auf geheimen Wegen zurück. So erfolgte am 17.12.1944  die Priesterweihe des todkranken Diakons Karl Leisner durch den Bischof von Clermont Msgr. Gabriel Piguet in der Lagerkapelle des KZ Dachau im Beisein vieler Priester aus vielen europäischen Ländern, die ihrem neuen Mitbruder gleich dem Bischof die Hand auflegten. Ein europäisches Ereignis und ein einmaliger Vorgang in der gesamten KZ Geschichte. Pater Otto Pies hatte sein Ziel erreicht und es gelang sogar am 26.12.1944   die Primiz in der Lagerkapelle des KZ Dachau zu organisieren. Vom 27. März bis zum 11. April 1945 wurden 173 Priester ohne Angabe von Gründen aus dem KZ entlassen. Otto Pies war unter den ersten. Der Gesundheitszustand seines Freundes Karl Leisner verschlechterte sich zusehends. Am 29.4.1945 fand die Befreiung des KZ Dachau durch die Amerikaner statt. Pater Otto Pies und Stadtpfarrer Friedrich Pfanzelt von Dachau holten am 4.5.1945 Karl Leisner aus dem unter Quarantäne stehenden Lager und brachten ihn in das Waldsanatorium Planegg bei München. Am12.8.1945 starb er an den Folgen seiner Krankheit TBC. Er wurde am 20. 08. 1945 in Kleve beerdigt und am 3.9.1966 wurden seine Gebeine in die Krypta des Xantener Domes umgebettet. Am 17.12.1973 bat der Priesterrat der Diözese Münster zur Einleitung eines Seligsprechungsverfahrens. und am 3.10.1975 wurde der „Internationalen Karl-Leisner-Kreis“ (IKLK) gegründet. Das Verfahren wurde dann am 7.12.1977 in Münster eingeleitet. Die Eröffnung des Seligsprechungsprozesses fand am 15.3.1980 statt, der dann am 18.5.1990  unter dem Titel eines Martyrers fortgesetzt wurde. Schließlich verkündete am 12.1.1996 Papst Johannes Paul II die Seligsprechung. Am 23.6.1996 fand im Berliner Olympiastadion die feierliche Seligsprechung durch Papst Johannes Paul II statt.

Das Bistum Münster ist aber noch nicht zufrieden und setzt noch eins drauf. So beginnt am 5.4.2007 der Heiligsprechungsprozesses in Münster. Für die Kirche bleibt noch viel zu tun, wenn sie alle möglichen Kandidaten Selig- oder gar Heiligsprechen will, denn abertausende Priester und Geistliche wurden von den Nazis aus vielerlei Gründen gefoltert und auch hingerichtet. Allein im KZ Dachau wurden 340 Geistliche vergast.  Die Geschwister Scholl wurden für ihre Überzeugung von den Nazis auf dem Schafott hingerichtet. Ein Martyrer war m.E. Karl  Leisner  nicht, er starb nach dem Krieg (August 1945) an seiner langjährigen TBC-Krankheit. Wie alle Geistlichen hatte er gegenüber "normalen" Häftlingen in Dachau sogar noch "Privilegien".

Kurz nach seiner Entlassung aus Dachau im März 1945 wird Otto Pies wieder zum Novizenmeister und Rektor seines Ordens bestellt, zunächst auf der Rottmannshöhe am Starnberger See (in dieser Zeit war er auch Vize-Provinzial für alle ostdeutschen Jesuiten), ab 25. April 1946 in Feldkirch-Tisis in Vorarlberg/Österreich und vom Juli 1947 bis 1951 im Berchmannskolleg in Pullach bei München.

Im September 1958 muß Pater Otto Pies das linke Auge wegen eines Sarkoms (einer bösartigen Krebsgeschwulst) entfernt werden. Trotzdem widmet er nach der schweren Operation wieder seine ganze Kraft der Ausbildung und Betreuung des Ordensnachwuchses, wobei er jedoch sein Amt als Rektor im Haus Sentmaring bei Münster aufgibt. Im Juni 1960 bricht er dann physisch zusammen. Die ärztliche Untersuchung in Mainz ergibt eine Verhärtung der Leber. Am 18. Juni wird er im Hildegardis-Krankenhaus operiert. Nach Öffnung der Bauchdecke stellen die Chirurgen Metastasen eines Melano-Sarkoms fest und schließen die Wunde ohne jeden weiteren Eingriff. Der Operierte weiß nun, daß es für ihn keine Heilung mehr gibt.

Pater Otto Pies starb am 1.7.1960 im Mainzer Hildegardis-Krankenhaus. Am 5. Juli wurde er auf dem Klosterfriedhof von Haus Sentmaring, der Stätte seines letzten Wirkens, beigesetzt.
Nachzutragen bleibt noch die Frage, an welcher Uni die Promotion erfolgte und wo die Doktorarbeit geblieben ist. Insoweit ist der Titel fraglich.
Er soll aber offizielle Schreiben mit Dr. Otto Pies unterzeichnet haben.
Konrad Weber im Januar 2011

Quelle:
Pater Dr. Otto Pies S.J. (1901–1960)
Sein Leben in Bildern, Selbstzeugnissen und Augenzeugenberichten

herausgegeben von Dr. Eike Pies
ISBN 978-3-928441-82-7
Internet: www.piesverlag.de